+49 (0) 89 – 665 089 46

(Ein ganz persönlicher Beitrag von Birgit Schuler-Schnellbügel)

Nichts, auf den ersten Blick!

Ich war schon wenige Wochen vor der kollektiven Krise in meiner ganz Persönlichen angelangt. Mein Mann war im Dezember im Alter von 58 Jahren völlig unerwartet verstorben. Ein Sekundentod – Mitten aus dem Leben! In derselben Sekunde ist auch mein Lebensfaden gerissen. Nichts war und ist bis zum heutigen Tag mehr so, wie es war.

Auf den zweiten Blick haben beide Situationen, die der Welt und die meine einen gemeinsamen Nenner: Krise ist eben Krise!

Die Definition eines früheren Ausbilders kommt mir dabei in den Sinn: „Die Krise ist nichts anderes als der Übergang von etwas Vergangenem in etwas Neues“. Beruhigend finde ich diese Sichtweise, impliziert sie doch, dass die Zeit der Krise etwas Vorübergehendes sein muss. Wir müssen durch etwas durch und werden aber auch wiederauftauchen, im Idealfall in einer neuen Zukunft, die sich gut anfühlt.

Einige Berufsgruppen, Unternehmer und Unternehmen sind ähnlich wie ich, völlig unfreiwillig in die Krise gerutscht. In den Wochen der Beschränkungen konnten wir das Zerbröckeln von Arbeitsplätzen, Lebenswerken und Zielen miterleben, ohne unmittelbar etwas dagegen tun zu können.

Die Zerstörung annehmen ist der erste wichtige Schritt! Die langjährige Beziehung mit einem geliebten Menschen hinterlässt tiefe Spuren in unserem Herzen und in unserer Seele. Das Gehirn ist geprägt von gemeinsamen Erinnerungen und Vorlieben aber auch vielen Routinen und Gepflogenheiten des alltäglichen Lebens. Trauernde berichten davon, dass sie noch monatelang nach dem Tod des geliebten Menschen den Tisch für Zwei decken. Dutzende Mal am Tag führt mich mein Gehirn unaufgefordert zu solchen Prägungen, die meine Aufmerksamkeit zwangsläufig in die Vergangenheit lenken. Und jedes Mal steht am Ende des Gedankens die schmerzhafte Erkenntnis der Zerstörung. Die gute Nachricht ist, dass wenn das nur oft genug passiert ist, der Schmerz nachlässt und Raum frei wird, für die neue Realität.

Ihnen fällt es vielleicht ebenso schwer, die neue Realität, die Ihnen die Corona Krise beschert hat, zu akzeptieren. Doch es macht keinen Sinn, den Blick in die Vergangenheit zu richten, Schuldige zu suchen, sich als Opfer von Supermächten oder Politikern zu sehen. Das ist ein nettes Ablenkungsmanöver, aber es ändert nicht Ihren inneren Zustand von Frustration, Zukunftsangst, Überforderung oder Trauer. Die Zerstörung ist! Und ohne JA zur Zerstörung können wir nicht weitergehen.

Stillstand aushalten, auch wenn es schwerfällt. In den ersten Monaten meiner Trauer wünschte ich mir sehnlichst, dass es schneller weitergeht. Bloß raus aus dem Schmerz, wieder lebendig sein, Lebensfreude spüren können. Ich bin es gewohnt, Situationen, die nicht passen, anzugehen und sie zu lösen. Meine Leidensfähigkeit ist in dieser Hinsicht ziemlich begrenzt. Ich halte schwer etwas aus, das ich ändern könnte. Jetzt erlebte ich mich im inneren Stillstand. Im Äußeren habe ich viel getan und tun müssen, aber innerlich blieb trotzdem die Stagnation.

Geht es Ihnen mit Ihrer Krise ähnlich? Sie tun und tun, aber es geht noch nicht weiter oder nicht in die richtige Richtung. Schlimmer noch, je mehr Sie Gas geben, die Dinge wieder in die Ordnung zu bringen, die durch die Corona Krise entstanden sind, desto mehr könnten sie feststellen, zu wenig zu bewegen. Ein Kunde scheint mir dazu die richtige Grundeinstellung zu haben: „Den Umsatz, den wir in diesem Jahr nicht aufholen, machen wir im nächsten Jahr.“ Wer es sich leisten kann, werden Sie jetzt vielleicht denken.

Allerdings: Das Gras wächst nicht schneller, nur weil wir daran ziehen! Unabhängig davon, ob sie viel oder wenig wirtschaftlichen Druck haben, ist es wirksamer, die Dinge gelassen anzugehen und der Entwicklung ihren Lauf zu lassen. Der Stillstand ist nur eine subjektive Empfindung, in Wahrheit ist immer Bewegung.

Es geht weiter! Die Frage „Wie geht es dir?“, wenige Wochen und Monate nach dem Tod eines geliebten Menschen, ist nach meiner Erfahrung wirklich sinnfrei. Meine Versuche einer tiefschürfenden Antwort „Es geht“ waren auch nicht besser. Häufig hörte ich darauf die Rückäußerung „Das Leben muss ja weitergehen!“.

Muss es das wirklich? Das hört sich so an, als hätten wir Menschen Einfluss darauf, ob das Leben weitergeht oder nicht. Jeder, der schon einmal einen Schicksalsschlag erfahren musste, weiß, dass das Leben sowieso weitergeht. Es geht mitunter erbarmungslos weiter, mit dem Guten wie dem Schlechten, und das trotz des Verlusts, den man gerade erlebt hat.

Es scheint ein Prinzip des Lebens zu sein, dass es immer weitergeht. Wir müssen nicht so tun, als wäre das Leben abhängig von uns, die stehenbleiben. Das Leben spielt sich sowieso ab, es ist lediglich die Frage, ob wir wieder einsteigen oder nicht.

Dieses Prinzip kann auch für Ihre Krise gelten. Auch wenn Sie jetzt das Gefühl haben, vor einer schwarzen Wand zu stehen, gehen Sie davon aus, dass die Wand rechts oder links aufhört und Sie sich nur einige Schritte zur Seite bewegen müssen.

Alles wird gut!
Wenn Sie mich heute fragten, wie mein Leben aussähe, wenn es gut ist, würde ich unumwunden antworten: Mein Mann lebt! Mit „alles wird gut“ würde ich emotional nur die Wiederherstellung des alten Zustands verbinden, der, wo es gut war.

So wie sich viele Menschen in der Corona Krise die „Normalität“ zurückwünschten, ist das der Ruf nach Gewohntem und Vertrautem. An Normalität gewinnen gibt uns Sicherheit. Jene Normalität, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen, wird es aber nicht mehr geben. Etwas Neues wird schnell zur Normalität, wie das angeordnete Maskentragen gerade zeigt.
„Alles wird gut“ meint, eines schönen Tages wird es sich in dem Neuen auch gut anfühlen.

Vertrauen ins Leben haben und Zuversicht, dass es gut wird, waren jene Wünsche, die mich in meiner Situation gestärkt haben. Glauben ist eine Fähigkeit, über die wir verfügen können. Gläubige Menschen beziehen gerade in Krisensituationen viel Kraft aus ihrem Glauben. Ein sehr berührendes Grußwort, das ich als Trauernde bekommen habe, war „ich bete für dich“. Ich persönlich gehöre keiner Religion an, um zu glauben. Aber ja, ich glaube! Ich glaube daran, dass es das Leben gut mit uns meint, wir darauf vertrauen dürfen, dass unser Leben, trotz großer Rückschläge, wieder gut werden kann.

Es scheint auch eine Lebensenergie in uns zu geben, die uns antreibt, dass es gut wird. Warum sonst, setzen jährlich tausende Menschen ihr Leben aufs Spiel, um aus ihrer Heimat in ein „besseres“ Land zu flüchten.

Vertrauen und Zuversicht können wir auf einer anderen Energieebene in uns spüren als das Denken und das Tun. Häufig braucht es viel Stille oder Nichtstun, dass wir jene Energiequalität wahrnehmen und aktivieren können. Aktivismus wirkt hier eher hinderlich. Jede Krise braucht eine gute Portion Stille und Optimismus dieser Art.

Neu entdecken, gestalten, es entstehen lassen sind jene Kräfte, die dabei frei werden können. Gut möglich, dass Sie aufgrund der Krise Ihr Tun und Wirken grundlegend überdenken müssen. Zum Beispiel die Vision, Ziele und Strategien Ihres Unternehmens bedürfen der Prüfung, Modifizierung, Anpassung oder gar der vollständigen Verwerfung. Der neue Wein sollte nicht durch die alten Schläuche laufen, das könnte alles verderben.

Nehmen wir uns Zeit, das Richtige entstehen zu lassen. Die Zukunft ist Jetzt! Im Hier und Jetzt gestalten wir unsere Zukunft! Was wir heute Tun wird für unser Morgen maßgeblich sein! All diese guten Denkansätze gebe ich seit mehr als 20 Jahren in Kundengesprächen und Seminaren weiter. Und sie stimmen immer noch! Die aktuelle Weltsituation durch Corona hat uns mehr denn je mit diesem unmittelbaren Zusammenhang von Ursache und Wirkung vertraut gemacht.

Ich behandele mein bisheriges Leben wie einen Karteikasten (darf auch ein digitaler sein :-)) Jede Kartei ziehe ich einzeln, verbunden mit den Fragen: Was war ich, was bin ich, was will ich in der Zukunft sein? Wenn ich schon Antworten darauf verspüre, beschäftige ich mich länger mit dieser Karteikarte. Sonst stecke ich sie wieder zurück in den Kasten und greife zur nächsten. Wichtig ist, dass die Karteikarten mit den neuen Inhalten in einen neuen Kasten, sinnbildlich für das neue Leben, kommen.

Kennen Sie das Lied „Krise“ von Max Raabe? Darin singt er „Nach einem Jahr und einem Tag ist sie, so wie sie kam, verschwunden. Heut‘ hab ich den Besuch von ihr längst überwunden“.

Ich wünsche uns allen etwas von dieser Leichtigkeit beim Übergang vom Vergangenen in das Neue.
Ich wünsche uns allen dieses Glück!
Ihre Birgit Schuler-Schnellbügel


Nachwort: Von Herzen danke ich meinen Partnern der FUTURE-Die Unternehmensentwickler GmbH und allen FUTURE-Trainerkolleg*innen, die in meiner Abwesenheit mit großer Selbstverständlichkeit, Professionalität und viel Liebe die Geschäfte weitergeführt haben.
„Für das Wohl des Unternehmens und seine Mitarbeiter*innen da sein“ ist weiterhin unser gemeinsames Ziel als FUTURE-Unternehmensentwickler GmbH. Mit unseren Beratungen und Seminarangeboten möchten meine Partner und ich Sie weiter begleiten.

Diese Seite teilen über